Alice Schwarzer schreibt

Adieu, Gunter Sachs

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Wir waren im Sommer für ein Interview verabredet. Denn Gunter Sachs – und die wahren Gründe für seinen Erfolg bei Frauen – interessierte mich schon lange. Seit etwa zehn Jahren schrieben wir uns ab und zu, er kommentierte immer wieder interessiert Artikel von mir. Auslöser für den Kontakt war mein TV-Duell mit Feldbusch gewesen, auf das er mich bei einer Begegnung kurz danach sehr herzlich und zustimmend ansprach. Ich hatte Gunter Sachs und sein öffentliches Agieren seit seiner kurzen Ehe mit Brigitte Bardot (1966-1969) verfolgt. Da war er mir erstmals aufgefallen. Angenehm. Und zwar nicht nur, weil er Brigitte mit Tausenden von roten Rosen erobert hatte, die er aus einem Hubschrauber über ihr Grundstück in Saint Tropez regnen ließ. Was man sich erstmal einfallen lassen, allerdings auch bezahlen können muss.

Sondern vor allem, weil er Bardot in dieser Zeit auf wahrhaft ritterliche Weise zur Seite stand. Der damals als berühmteste „Sexbombe“ unter extremer öffentlicher Verfolgung stehende Star hatte zu der Zeit bereits mehrere Selbstmordversuche hinter sich. Und es gibt ein Filmdokument über einen Auftritt von Bardot in Cannes, wo sie fast erdrückt worden wäre von der lechzenden Menge – was Sachs, einfühlsam und entschlossen an ihrer Seite, verhindert. Er schützt sie sichtbar auf anrührende Weise.

Diese Rolle hatte der 1932 Geborene früh gelernt. Seine Mutter, eine geborene von Opel, war nach ihrer Scheidung von dem fränkischen Industriemagnat Sachs mit ihren beiden Söhnen in die Schweiz geflüchtet – in Deutschland war sie als Nazi-Gegnerin unerwünscht geworden. Sohn Gunter wurde in dieser schwierigen Zeit ihr Vertrauter. In den Sechziger Jahren wurde der so gut aussehende wie gebildete und charmante Erbe und Weltenbummler dann zum Star des Jetset, zum ersten internationalen Playboy – und das als Deutscher (mit Schweizer Pass).

Seither hat Gunter Sachs seinen legendären Ruf als Frauenverführer gehalten – und das, obwohl er, wie er selber in Interviews ungefragt immer wieder betonte, sein Leben lang „monogam“ gewesen sei, also treu innerhalb von Beziehungen. Auf die erwartungsvolle Frage des SZ-Autors Willi Winkler, was denn das Geheimnis seines Erfolges bei Frauen sei, antwortete Sachs vor ein paar Jahren lakonisch: „Ich höre den Frauen zu.“ Ein heißer Tipp für alle Möchtegern-Playboys, die gerne mehr Erfolg bei Frauen hätten.

Am Samstag wurde Gunter Sachs, der seit 40 Jahren mit der Schwedin Mirja verheiratet war, tot in seinem Chalet in Gstaad gefunden. Er hatte sich erschossen. Ganz wie sein Vater. Grund: Gunter Sachs glaubte, an Alzheimer erkrankt zu sein – eine Selbstdiagnose, die bisher scheinbar nicht ärztlich bestätigt war. Vielleicht war es aber auch einfach die Angst vor dem Verlust der Selbstkontrolle, die lebenslang so strahlend funktioniert hatte – oder der Schmerz, der neben der Lebensfreude ja immer auch da war und der den 78-Jährigen letztendlich überwältigt hat.
 

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