Über Alice

Im Wachsfigurenkabinett Mme Tussaud

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Alice Schwarzer wurde am 3. Dezember 1942 in Wuppertal geboren. Die Journalistin, Essayistin und aktive Feministin gilt seit Mitte der 1970er Jahre in Deutschland als die Symbolfigur der Emanzipation. Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Allensbach 2006 ergab, dass 83 Prozent aller Deutschen die unermüdliche Aufklärerin kennen.

Alice wächst als uneheliches Kind bei einem "sehr mütterlichen Großvater" und einer "hoch politisierten, charaktervollen Großmutter" auf. Ihre Kindheit ist geprägt vom Außenseitertum ihrer Familie: als engagierte Nazigegner ebenso wie als deklassierte Bürgerliche. Nach einer "chaotischen Schulzeit" in Wuppertal und einer kaufmännischen Lehre geht sie mit 21 zum Sprachstudium nach Paris. Mit 23 volontiert sie bei den Düsseldorfer Nachrichten und wird Reporterin bei dem Satiremagazin Pardon. 1969 geht die junge Journalistin zurück nach Paris, diesmal als freie Korrespondentin für Funk, TV und Printmedien. Gleichzeitig studiert sie Psychologie und Soziologie an der Pariser Fakultät Vincennes. Ab 1970 ist Schwarzer eine der Pionierinnen der Pariser Frauenbewegung. In der Zeit befreundet sie sich auch mit Simone de Beauvoir und Jean-Paul Sartre.

1971 bringt die Feministin das provokante Selbstbekenntnis der Französinnen ("Ich habe abgetrieben und fordere das Recht für jede Frau") nach Deutschland. Die von ihr initiierte Veröffentlichung im Stern wird zum Auslöser der deutschen Frauenbewegung. Schwarzer kehrt zurück nach Paris, wo sie bis 1974 als Korrespondentin tätig ist. Ihr drittes Buch wird 1975 zum internationalen Bestseller und inneun Sprachen übersetzt: "Der kleine Unterschied und seine großen Folgen". Es geht darin um die Rolle von Sexualität und Liebe bei der (Selbst)Unterdrückung der Frauen. Das Buch macht Schwarzer schlagartig berühmt – und berüchtigt. Für die einen ist sie von nun an das Idol der Emanzipation, für die anderen das Schreckgespenst des Feminismus. Gleichzeitig erregt sie immer wieder Aufsehen im Fernsehen: mit streitbaren und gleichzeitig humorvollen Auftritten.

1977 gründet die quasi mittellose Journalistin "ein politisches Magazin für Frauen", damit diese eine "unabhängige Stimme haben": EMMA. Seither ist Schwarzer die Verlegerin und Chefredakteurin des Blattes, das vor allem im Bereich des islamischen Fundamentalismus (ab 1979), sowie der Sexualpolitik Meinung und Politik gemacht hat und macht: dank ihrer kritischen Berichterstattung gegen Prostitution, Pornografie und sexuelle Gewalt. Gleichzeitig propagiert EMMA von Anbeginn an eine uneingeschränkte Chancengleichheit und Gleichberechtigung der Geschlechter, sowie eine Kultur der ermutigenden "Vorbilder für Frauen". Trotz der unstreitig zunehmenden Akzeptanz wird EMMA im gesamten deutschsprachigen Raum bis heute so geliebt oder gehasst wie ihre Herausgeberin – aber immer beachtet. Auch innerhalb der Frauenbewegung hat Schwarzer, die eine entschiedene Antibiologistin und Humanistin ist, nie eine Kontroverse gescheut.

1983 gründet Schwarzer das Archiv "Frauen-MediaTurm" (Köln), ihre Interviews mit Simone de Beauvoir erscheinen als Buch. Ab 1993 veröffentlicht die Blattmacherin wieder zunehmend Bücher (bis 2007 17 als Autorin, plus 18 als Herausgeberin), die häufig Bestseller und Gegenstand heftiger Kontroversen sind: von der Fallstudie über den Mord und Selbstmord von Petra Kelly und Gert Bastian ("Eine tödliche Liebe"), über die Faction-Biografien über die Kollegin Gräfin Dönhoff sowie das Idol Romy Schneider bis hin zu den politischen Essays.

Anlässlich des Erscheinens ihrer Bilanz "Die Antwort" schrieb der Historiker Prof. Hans-Ulrich Wehler 2007: "Man braucht diese Persönlichkeit nur einmal wegzudenken, um zu erkennen, in welchem Maße diese Publizistin und De-facto-Politikerin, oft im Alleingang, die Sache der Frauen überzeugend verfochten hat. Ohne diese ganz individuelle Motorik, ja sei’s drum, ohne diese Leidenschaft, im offenen Streit für die gerechte Sache unentwegt voranzugehen, hätte der Frauenbewegung, aber auch den Entscheidungsgremien der Parteipolitik ein wesentlicher Impuls gefehlt."

Alice Schwarzer erhielt ab den 90er Jahren zahlreiche Ehrungen, darunter das Bundesverdienstkreuz, den Staatspreis NRW, die Heinrich-Heine-Gabe und den Börne-Preis, sowie die Ernennung zum Chevalier d’honneur.

Biografische Notiz im Wachsfigurenkabinett Madama Tussauds Berlin, 2009.

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