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"Die Schule soll der Freiraum sein"

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Alice Schwarzer in der Alten Synagoge: Für ein striktes Kopftuchverbot in der Schule. Gegen falsche Toleranz

Essen. Das Kopftuch an sich, sagt Alice Schwarzer, sei ja nicht verkehrt. "Im Leben nie würde ich fordern, das Tragen grundsätzlich zu verbieten", sagt sie am Donnerstagabend in Essen. Nur für einen Ort fordert die Feministin aus Köln das strikte Verbot des muslimischen Schleiers: "Ich bin dafür, dass die Schule ein Kopftuch-freier Raum wird. Das muss für Lehrerinnen gelten, aber auch für die Mädchen, die sich nicht wehren können gegen die Gebote der Väter."

Nur ein Gesetz wie in Frankreich biete muslimischen Mädchen "und ihren Müttern" Rückendeckung innerhalb der Familie, in der der Vater, der Patriarch, das absolute Sagen hat. Der seine Vorstellungen von "Familienehre" im Ernstfall mit Gewalt durchsetzt.

Über "Islamismus, Sexismus und Antisemitismus" soll Alice Schwarzer an diesem Abend in der Alten Synagoge reden, und "Warum Frauen und Juden nicht zufällig im Fadenkreuz islamischer Fundamentalisten stehen". Ein Jahr hat die jüdische Gemeinde auf den Besuch der prominenten Journalistin gewartet, gut 300 Frauen und Männer füllen den Saal. Viele stehen oder sitzen auf dem Boden. Zwei Stunden später ist das Thema "Islamismus" im Ruhrgebiet noch lange nicht ausdiskutiert.

Was Frauen und Juden seit langem leidvoll teilen, ist das Ausgegrenzt-Sein, ist Schwarzers These. "Islamismus, Sexismus und Antisemitismus haben die selben Wurzeln". Fundamentalisten, die seit 30 Jahren auch mitten in Europa systematisch daran arbeiteten, die westlichen Demokratien abzulösen durch einen islamischen Gottesstaat, gingen gar nicht anders vor als die Nationalsozialisten: "Sie grenzen aus, sie bestimmen den Wert anderer Menschen. Dabei stehen die Frauen in der ersten Reihe, dann kommen Juden, Künstler, Intellektuelle." Allzu lange habe der Westen die Augen davor verschlossen, dass in Ländern wie Iran, Algerien, Saudi-Arabien oder Afghanistan nicht nur Frauen gewaltsam unterdrückt werden, sondern auch jene Kräfte, die für einen toleranten, weltoffenen Islam eintreten. Dies zu ändern, fordert Schwarzer: "Es ist eine Schande, dass wir die Frauen und die jungen Leute in diesen Ländern mit den Fanatikern alleine lassen." Hier sei die Politik gefordert, Klartext zu reden und wirtschaftlich Druck zu machen. Ebenso die Medien. Die Zeit der "falschen Toleranz", so Schwarzer, müsse vorbei sein.

Sigrid Krause, WAZ, 4.3.2006

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