Über Alice

Alice Schwarzer: Der Geburtstag

Artikel teilen

Alice Schwarzer wurde am 3. Dezember 60 und erhielt dazu reichlich Glückwünsche! Nachfolgend einige Passagen aus Briefen von PolitikerInnen, die über das Private hinausgehen und politische Gemeinsamkeiten oder Unterschiede thematisieren.

Sie haben in Ihrem langjährigen Wirken als Journalistin und Verlegerin stets kämpferisch und angriffslustig die Emanzipation der Frau in unserer Gesellschaft voran gebracht und vielen Frauen Mut gemacht, sich nicht mit einer traditionell zugedachten Rolle abzufinden. Die EMMA ist unüberhörbares, wichtiges Sprachrohr Ihres Wirkens, und ich hoffe, dass Sie sich auch weiterhin kräftig einmischen werden. Auch wenn ich nicht immer mit allem einverstanden bin, was Sie schreiben, so haben Sie gewiss durch Ihr Zutun über die Jahre eine Atmosphäre in Deutschland mitgestaltet, die sich verstärkt durch Zuhören und Verständnis und nicht durch starren "Geschlechterkampf" auszeichnet. Johannes Rau, Bundespräsident
Mit Ihrem Namen verbindet sich für mich aus der Sicht aus Ostdeutschland einer der wichtigsten Anstöße, den die westdeutsche Gesellschaft in den 60er und 70er Jahren erhalten hat. Eingeklemmt in eine "Kinder-Küche-Kirche-Ideologie" und das theoretische Konstrukt vom angeblichen "Nebenwiderspruch im Klassenkampf" haben Sie der damals so genannten "Frauenfrage" ans Licht und zu ihrer eigenständigen Berechtigung wie Beachtung verholfen. Dieser Anstoß war bis in die DDR hinein spürbar, er hat das gesellschaftliche und kulturelle Klima in Deutschland entscheidend verändert. Mit EMMA trat erstmalig eine Publikumszeitschrift von Frauen für Frauen auf den Plan, die die traditionellen Pfade der Yellow Press hinter sich ließ und den Frauen eine neue Perspektive wies. Als unermüdliche Publizistin, auf allen "Kanälen" wirkend, haben Sie diesen Veränderungsprozess vorangetrieben und begleitet. Dazu möchte ich Ihnen heute ein herzliches Dankeschön sagen und mir und Ihnen wünschen, dass Ihre kritische Stimme noch lange zu hören sein wird. Wolfgang Thierse, Bundestagspräsident
Sechs Jahrzehnte Alice Schwarzer - welch ein Glücksfall für die Frauen in dieser Republik! Kaum jemand hat seit den 60er Jahren die öffentliche Meinung zum Thema Emanzipation, Selbstbestimmung und Gleichstellung der Geschlechter so geprägt wie Du. Als die meisten von uns sich 1974/75 zum ersten Mal als Frau für ein Anliegen der Frauen auf die Straße wagten, wäre das für viele ohne Deinen mutigen journalistischen Einsatz gegen den Paragrafen 218 undenkbar gewesen. Du hast den Frauen Mut gemacht, gleichzeitig auch die Solidarität unter Frauen eingefordert und die Geschlechterfrage zu einer Angelegenheit öffentlicher Diskussion geführt. Du, liebe Alice, wurdest oft als das "Aushängeschild" der Neuen Frauenbewegung bezeichnet - aber ich möchte das lieber so ausdrücken: Du bist Vorbild und Leitfigur für die Emanzipation der Frauen in unserem Lande. Denn Du bist kämpferisch, unbequem, unabhängig und doch so lebenserfahren, dass Dir nichts Menschliches fremd ist. Renate Schmidt, Bundesministerin für Frauen und Familie
Als Feministin, Journalistin und Publizistin haben Sie über Jahrzehnte das gesellschaftliche Erscheinungsbild der "Neuen Frauenbewegung" in Deutschland mitbestimmt. Zur Symbolfigur des Feminismus wurden Sie Mitte der 70er Jahre durch die Herausgabe der Zeitschrift EMMA. Sie waren nicht nur Kristallisationspunkt und Projektionsfläche für FreundInnen und FeindInnen der Frauenbewegung, sondern durch zahlreiche Aktionen betrieben Sie auch aktive Politik für die Gleichbehandlung der Geschlechter. Sie haben maßgeblichen Anteil daran, dass sich Emanzipation im gesellschaftlichen Bewusstsein verankerte. Es bedarf immer außergewöhnlicher Menschen, um eine gesellschaftliche Bewegung in Gang zu bringen. Sie sind zweifellos eine dieser Ausnahmeerscheinungen, die Weitreichendes für die Gleichberechtigung der Frauen geleistet hat. Sie haben sich durch die gezielte Nutzung der Medien immer an die breite Masse gewandt, nicht nur an streitbare Feministinnen, sondern an alle Frauen. Ihnen lag nichts daran, die manchmal recht dünne Luft der Konfrontation wieder zu tauschen gegen das Sich-Einreihen und Sich-Beugen. Im aufreibenden Spannungsfeld zwischen glühender Bewunderung und Verachtung ist es Ihnen gelungen, zu einem Leitbild vieler Frauen zu werden. Dr. Angela Merkel, CDU-Vorsitzende
Ihr Engagement für die Stellung der Frau in unserer Gesellschaft, Ihre Bereitschaft, Konflikte im Dienste Ihres Anliegens einzugehen und durchzustehen und Ihr überragendes Talent, für das gemeinsame Interesse zur - manchmal spitzen, oft provozierenden und stets engagierten Feder zu greifen, sind bemerkenswert. Sie haben ganz entscheidend dazu beigetragen, dass Frauen heute selbstbewusst auftreten. Dr. Christina Weiss, Staatsministerin für Kultur und Medien
Was wünscht man Menschen, mit denen man schon viel diskutiert, nachgedacht, gelacht und mit denen man manchmal auch gestritten hat? Ich wünsche dir Gesundheit, Erfolg und viel Glück. Renate Künast, Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft
Du hast einen überragenden Anteil an der Entwicklung eines frauenpolitischen Bewusstseins in Deutschland, eine Grundvoraussetzung allen gleichstellungspolitischen Fortschritts. Die Frauen in Deutschland haben dir viel zu verdanken! Da ist die längst etablierte EMMA nur ein Beispiel. Auch wenn es in der Praxis nicht immer so gesehen wurde: Die autonome Frauenbewegung einerseits und politisch oder gewerkschaftlich organisierte Frauen andererseits waren doch gemeinsam stark. Die einen haben den notwendigen Druck von außen gemacht, die anderen für die politische Umsetzung in Gesetzeswirklichkeit gekämpft. Dabei sind zumindest Teilerfolge herausgekommen. An dem Rest arbeiten wir noch, wobei ich nicht verschweigen will, dass es ein mühsames Unterfangen ist, dem Patriarchat millimeterweise Fortschritte abzuringen. Dein 2000 veröffentlichtes Buch mit dem Titel "Der große Unterschied. Gegen die Spaltung von Menschen in Männer und Frauen" beschreibt mit einem Satz, wohin wir programmatisch und praktisch kommen müssen. Um das zu schaffen, brauchen wir weiterhin öffentlichen Druck - und ganz besonders dich! Karin Junker, Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen
Auch wenn unsere Ansätze manchmal unterschiedlich sind, gibt es viel Übereinstimmung bei der Verwirklichung unseres gemeinsamen Ziels, die Gleichberechtigung von Männern und Frauen voranzubringen. Maria Eichhorn, MdB und Vorsitzende der CDU/CSU-Arbeitsgruppe Frauen
Ich wünsche Ihnen, dass Sie weiterhin die Konfrontation suchen und in der Ihnen eigenen Schärfe Fraueninteressen pointiert artikulieren. Ina Lenke, Bundesvorsitzende der Liberalen Frauen
Nicht nur die Frauenbewegung verdankt dir viel, an Taten und an Ansichten. Als ich elf Jahre alt war, ist von Männern in meiner Geburtsstadt Bonn ein Gesetzentwurf zur Gleichberechtigung der Frau vorgelegt worden, in dem es hieß: "Berufstätig dürfe die Gattin nur sein, wenn sie ihre Rolle als Ehefrau und Mutter nicht vernachlässige". Zum Glück haben sich die Zeiten gerade auch durch Dein Engagement geändert. Lass uns dafür streiten, dass die Welt zu deinem 80. Geburtstag noch besser wird, denn die Hälfte des Himmels, die Hälfte der Erde und die Hälfte der Macht gehört den Frauen! Heide Simonis, Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein
Als Oberbürgermeister der Stadt Köln freut es mich ganz besonders, dass unter Ihrer Regie aus dem Bayenturm der "FrauenMediaTurm" wurde, der das in Europa erste feministische Archiv beherbergt. Auch freue ich mich darüber, dass Sie ganz bewusst seit vielen Jahren Kölnerin sind und es auch bleiben wollen. Für unsere Stadt sind Sie eine Bereicherung! Fritz Schramma, Oberbürgermeister der Stadt Köln
Liebe Frau Schwarzer, ganz herzlich gratuliere ich Ihnen im Namen der Frauen-Union der CDU - aber auch ganz persönlich - zu Ihrem Geburtstag. Politisch und publizistisch wäre die Bundesrepublik ohne Sie und ohne Ihr unermüdliches Engagement für die Sache der Frauen wohl um einiges ärmer. Seit 30 Jahren geben Sie dem Feminismus in der politischen Debatte Stimme und Gesicht. Sie haben viel für uns Frauen erreicht und scheuten um der Sache willen nie den Schulterschluss mit Andersdenkenden. Prof. Dr. Maria Böhmer, Bundesvorsitzende der Frauen-Union der CDU
Liebe Alice, ich überbringe Dir auch die Glückwünsche des gesamten Bundestages. Als ich dir bei meiner gestrigen Rede zum Haushalt Frauen- und Familienpolitik an entsprechender Stelle gratulierte, haben sich alle Fraktionen diesem Glückwunsch mit großem Beifall angeschlossen. Irmingard Schewe-Gerigk, Parlamentarische Geschäftsführerin und Frauenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
Mit Ihrer bewundernswerten, schier unerschöpflichen Energie notwendige gesellschaftliche Veränderungen voranzutreiben, haben Sie sehr viel erreicht und die Gesellschaft nachhaltig verändert. Keine andere ist in dem Maße Symbol und Initiatorin für die deutsche Frauenbewegung und ihrer Errungenschaften wie Sie. Ihr Geburtstag ist somit gleichzeitig ein "Jubiläum für die Frauenbewegung" und deshalb möchte ich die Gelegenheit nutzen, mich gleichzeitig für Ihr großes Engagement zu bedanken. Katrin Göring-Eckhardt, Fraktionsvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen
Liebe Alice Schwarzer, meine allerbesten Glückwünsche zu Ihrem Geburtstag. Man könnte meinen, es wäre der 600. - soviel haben Sie geleistet und durchgefochten. In Bayern 1 hört man, so scheint es, ich wäre Ihr Feind. Das tut mir leid, denn ich finde, wir haben beide für Frauen viel getan - und tun es auch noch. Das mag surreal klingen, ist aber wahr. Viele Ihrer Ansichten habe ich für richtig gehalten. Irren ist jedes schöpferischen Geistes Recht. Mit 600 Rosen - die ich im Geiste aus einem Helikopter in ihrem Garten abwerfe, sage ich Adieu.

Ihr Gunter Sachs

Artikel teilen
 
Zur Startseite