Appell gegen Sexismus

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Seit einer Woche sind wir fassungslos über die tägliche Welle frauenfeindlicher Äußerungen, die auf unseren Bildschirmen und im Radio verbreitet werden, die uns an unseren Arbeitsplätzen und in den Sozialen Netzwerken begegnen. Wir haben eine ganze Palette sexistischer Sprüche gehört, von „Es ist schließlich niemand gestorben“ bis „Ist es etwa unrecht, die Frauen zu lieben?“ Oder Kommentare, die eine Verbindung herstellen zwischen dem Aussehen und der Kleidung einer Frau und dem Verhalten der Männer, denen sie begegnet.

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Wir sind wütend, wir sind revoltiert, wir sind empört!

Wir wissen nicht, was am letzten Samstag in New York passiert ist, aber wir wissen, was seit einer Woche in Frankreich los ist. Wir sind gerade Zeuginnen eines neuen Ausbruchs sexistischer und reaktionärer Reflexe in einem Teil der französischen Elite.

Diese Äußerungen zeigen, dass man in unserer Gesellschaft offenbar konsequenzlos öffentlich einen enthemmten Sexismus verkünden kann. Eine solche Toleranz würde in keinem anderen Fall von Diskriminierung akzeptiert werden.

Diese Äußerungen verharmlosen die Schwere einer Vergewaltigung, sie machen aus einem Verbrechen eine Situation, in der die Grenzen ein bisschen verschwommen sind, die mehr oder weniger akzeptabel ist, eine kleine Entgleisung eben. Sie senden den aktuellen und zukünftigen Opfern eine einfache Botschaft: „Erstattet keine Anzeige!“ Wir erinnern: Vergewaltigung und versuchte Vergewaltigung sind Verbrechen.

Diese Äußerungen zeigen, in welchem Ausmaß die Gewalt gegen Frauen verkannt wird. Wenn dies Eliten tun, die über unser Land bestimmen, ist das besonders beunruhigend. 75.000 Frauen aller Schichten und jeden Alters werden jedes Jahr Opfer einer Vergewaltigung. Ihre einzige Gemeinsamkeit ist, dass sie Frauen sind. Die einzige Gemeinsamkeit der Täter ist, dass sie Männer sind.

Und schließlich führen diese Äußerungen zu einer nicht tolerierbaren Verwechslung von sexueller Freiheit und sexueller Gewalt. Vergewaltigung, versuchte Vergewaltigung und sexuelle Belästigung sind Ausdruck des Willens eines Mannes, den Körper einer Frau zu beherrschen. Eine Parallele zwischen sexueller Freiheit und sexueller Gewalt zu ziehen, ist gefährlich und unredlich. Es öffnet denjenigen Tür und Tor, die zur alten Ordnung zurückkehren möchten, die die Emanzipation von Frauen und Männern ausbremst.

Die öffentlichen Personen, die mit ihren Äußerungen Klischees in Umlauf bringen, die aus einem vergangenen Jahrhundert stammen, beleidigen damit alle Frauen und alle, die für die Menschenwürde eintreten und jeden Tag für die Gleichheit von Frauen und Männern kämpfen.

Osez le Feminisme (Feminismus wagen)
Paroles de Femmes (Frauen reden)
La Barbe (Der Bart)

 

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DSK: Frauenproteste in Frankreich: Wir

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Jedes Jahr werden in Frankreich 75.000 Frauen Opfer einer Vergewaltigung, aber nur jede zehnte zeigt das Verbrechen an, erklären die Initiatorinnen des Appells, die Organisationen Osez le Feminisme (Feminismus wagen), Paroles de Femmes (Frauen reden) und La Barbe (Der Bart), deren Mitglieder bei ihren Protestaktionen stets Bärte tragen. Und dazu, so die Protestlerinnen, tragen die verharmlosenden Kommentare wie die des Ex-Kulturministers Jack Lang („Es ist schließlich niemand gestorben“) oder des Philosophen Bernard-Henri Lévy („puritanischer Irrsinn“, in der Zeit) bei. Das findet auch die von Migrantinnen der Banlieus gegründete Frauenrechtsorganisation „Ni putes ni soumises“ (Weder Huren noch Unterdrückte): „Diese Affäre überschreitet weit den Kreis der beiden Protagonisten“, erklären sie. Schon jetzt würden Sätze laut wie: „Ich würde meiner Tochter von einer Anzeige abraten“ oder „Ich würde versuchen, allein zurechtzukommen, damit ich mich nicht in der selben Situation wiederfinde“.

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„Die Medien wiederholen immer wieder, dass für Dominique Strauss-Kahn die Unschuldsvermutung gelte. Nur wenige denken daran hinzuzufügen, dass das auch für das Zimmermädchen gilt und es hier eine ‚Opfervermutung’ geben muss“, erklären Béatrice Gamba und Agnés Guerin-Battisti, Sprecherinnen der Organisation Mix-Cité.

Nafissatou Diallo, das mutmaßliche Opfer, muss sich im bevorstehenden Prozess auf einiges gefasst machen. Nachdem das Sperma auf ihrer Uniform gerade als das von Dominique Strauss-Kahn identifiziert wurde (der zunächst behauptet hatte, die Frau nicht zu kennen und ein Alibi für die fragliche Zeit vorschob), kündigten die Anwälte des Ex-IWF-Chefs an, das „Vorleben“ der 32-Jährigen aus Guinea „zu durchforsten“.

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